Stefan Steinmetz zählt zu jenen Winzern, die der Wineparty seit Beginn an, also seit 2015, nahestehen. Das ist kein Grund, manche Weine von Steinmetz nicht auch kritisch zu besprechen – wie etwa seinen Pinot Meunier. Sein Alter Satz hingegen verkörpert alles, was gelebte Winzer- und Weinkultur ausmacht.
Dieser Wein, dieser alte Satz von Stefan Steinmetz (Weingut Günther Steinmetz) aus Brauneberg an der Mosel ist ein Glanzstück eines leichten, bekömmlichen und vorzüglich gekelterten Gemischten Satz. Steinmetz hat hier hier einen Wein auf die Flaschen gezogen, der sich schon aufgrund der mitunter uralten Sorten Hartblau, Süßschwarz, Schwarzblauer Affenthaler, Schwarzurban oder Fränkischer Burgunder schwer nachmachen wird lassen; außer ein Winzer erkennt Steinmetz’ Verlangen, Singuläres in Flaschen zu füllen als derart vorbildhaft an, dass er beschließt, diese Sorten zu holen und in seinen Weingärten zu kultivieren. Geradeaus gesagt: Die Weinwelt könnte mehr solcher Weine sicher gut gebrauchen.
Steinmetz ist mit diesem vorzüglichen Wein auch Partner im Geiste von Gottfried Lamprecht (Herrenhof Lamprecht – ein Name wie aus dem Vorgestern), der einen unglaublich guten weißen gemischten Satz keltert, der über 100 Rebsorten önologische Heimat gibt. Über diesen Wein habe ich schon in der WELT am SONNTAG geschrieben und werde diesen Artikel zeitnah hier teilen.
Was unterscheidet Steinmetz Alten Satz von den teilweise ebenso revolutionären Pinot-Noir’, die Steinmetz im ausgewiesenen Weißweingebiet Mosel keltert? Nun, da rieche ich in der Nase schon eine höhere, andersartige Vielfruchtigkeit, auch gering Rauch und auch gering Wiesenkräuter, die ich beim Pinot selten bis nie rieche. Ich rieche alte Weinkultur, ich rieche auf Moderne getrimmtes, archaisches Keltern. Und ich rieche den Tick Salze des Schiefers den ich nur in Deutschland so rieche.
Und im Mund hat das alles eine für mich fast einzigartige Balance zwischen Frucht und Eleganz, die – meine Meinung – deswegen zustande kommt und entsteht, weil all diese Sorten, die wahrscheinlich einzeln gekeltert nichts verblüffend Großartiges in die Flaschen und Gläser transportieren können (wieder meine Meinung, die nicht jeder teilt, wie ich weiß), im Zusammenspiel eine ganz eigene Rotweinwelt verwirklichen – eine kleine, aber zunehmend wichtige Rotweinwelt. Steinmetz gemischter Satz ist das Gestern und Morgen in der Gegenwart. Und das ist viel; viel mehr als ich für möglich gehalten habe.
Mit einer Aussage in einem vorhin gerade geführten Gespräch lässt Steinmetz aufhorchen: Denn er sagt, dass er diesen Wein – gegenwärtig, also der 2021, den ich trank, hat der Alte Satz rund 12,5 Prozent Alkohol – in gewissen Jahren und auch mit Technik im Weingarten hin auf 10 Prozent keltern kann – bei gleichzeitig vollem Körper. Dieser Zehn-Prozent-full-body-Wein wäre dann auch eine Bereicherung für alle jene, auch für mich, die die fetten Rotweine der Parker-Jahre nicht mehr trinken wollen. Eben deswegen, weil sie nicht bekömmlich sind.
Zeit also zu trompeten, dass ausgerechnet an der als verbrieft für großartige Rieslinge stehenden Mosel den Tick weitergedacht wird. Hin in die Richtung: Rotweine, die die Welt braucht. Das ist einer davon.
Gleichzeitig starten wir endlich auch mit der Punktevergabe. Ich gebe 93 von 100.
Gemischter Satz hat keine Tradition an der Mosel und die darin enthaltenen Rebsorten, ebenfalls nicht. Man sollte sich nicht verzetteln, sondern fokussieren auf seine Stärken.
Eine super spannende Sache! Ich habe den 2020er probiert. Alleine die Rebsorten sind für mich ein Studium wert. Immer gut, wenn an der Mosel was Neues passiert. Einzigartig ist ja immer der Untergrund, das sogenannte Terroir, das den Wein anders macht als in anderen Gegenden.
Falsch. Bis in die 1890er Jahre gab es quasi keine reinsortigen Weinberge an der Mosel. Der Doktor war zu 30% Traminer, der Brauneberg zu 70% Kleinberger und Elbling.
In der Regel bestanden die Anlagen nur zu 50-60% aus Riesling der Rest waren anderen Rebsorten. Ein klassischer Gemischter Satz. Gerade Traminer, Kleinberger, Silvaner, Orleans und Heunisch gab es viel.
Daher ist deine Aussage falsch. Außerdem Achim wenn es denn um die Tradition geht hast Du nicht auch Pinot Noir stehen?
Halte ich für eine zu engstirnige und zugleich in teilen falsche Aussage, lieber Achim Molitor.
1. Bevor an der Mosel auf Monokulturweinberge gesetzt wurde, weil es die technischen Möglichkeiten zuließen und es vor allem die politisch Verantwortlichen Feudalherren so wollten, bestanden quasi alle Weinberge aus gemischten Rebsorten, unter anderem auch um komplette Ernteausfälle zu verhindern.
2. Wenn man sich rein auf seine vermeintlichen Stärken konzentriert und sich nicht weiter entwickelt, wird man aufgrund der sich ändernden klimatischen Bedingungen und den veränderten Konsumverhalten der Kunden perspektivisch an der Mosel Probleme bekommen. Es ist aufgrund der einzigartigen Landschaft und den Steillagen teuer und arbeitsintensiv in der Bewirtschaftung, weiterhin sinkt der durchschnittliche Weinkonsum seit Jahren.
3. Der mir ebenfalls bekannte Alte Satz den ich schon mehrfach trank ist klar herkunftsgeprägt und aufgrund der klaren Bodennoten und seiner für die Mosel typischen Art die auf Eleganz und Feinheit setzt typisch für den Weinstil der Mosel. Damit stellt der Wein für mich eine Bereicherung des bereits Bestehenden dar.
Max Ferd. Richter macht übrigens einen ebenfalls spannenden Alten Satz aus weißen Rebsorten.