

spit on my grave
aber bitte Wein. Fünf Weine, sich die Apokalypse schönzutrinken.

15. Mai 25, Klimek. Die Welt ist ein Saustall! Und keiner mistet aus. Es brennt. Im Nahen Osten, in der Ukraine, in den USA, in den Medien. Das Klima ist ein Totalschaden, die Börse ein Glücksspiel, und in Berlin regiert bald eine Schuldenkoalition, die sich bemühen wird, das Richtige zu tun – Schwerpunkt auf Bemühen. Das Einzige, was uns dieser Tage bleibt, ist das Glas in der Hand.


DEUtschbahn
Den Spies dreht keiner um – die DB und ihr einzig schöner Moment!

16 Mai 25 Klimek. Ich bin mit dem Zug nach Rheinhessen gefahren. Vor Wein-Achten. Mit dem Zug nach Rheinhessen zu fahren heißt in 95% der Fälle mit der DB fahren zu müssen: jenem Konzern, der es seit 2003 ca schafft, mein Nervenkostüm zu zerschneiden, ohne daraus ein neues, besseres Nervenkleid schneidern zu können – ganz im Gegenteil.


Wein, Frieden, Nobelpreis – das Ziel der Wineparty
(Foto: ein Foto von fast vor 20 Jahren, dass die Epochen von Wein gut beschreibt: Wachter-Wiesler, 2008) Text von Claude Auguste Wir haben es schon einmal geschrieben, vor ein paar Wochen, ohne Trommelwirbel: Wein verdient den Friedensnobelpreis. Kein PR-Stunt, kein launiger Slogan zur Ablenkung, zum Amusement. Sondern ein Gedanke, der in den letzten Wochen gewachsen
(Foto: ein Foto von fast vor 20 Jahren, dass die Epochen von Wein gut beschreibt: Wachter-Wiesler, 2008)
Text von Claude Auguste
Wir haben es schon einmal geschrieben, vor ein paar Wochen, ohne Trommelwirbel: Wein verdient den Friedensnobelpreis. Kein PR-Stunt, kein launiger Slogan zur Ablenkung, zum Amusement. Sondern ein Gedanke, der in den letzten Wochen gewachsen ist.
Nicht, weil sich plötzlich alle an runden Tischen versammeln. Sondern weil klar wird: Der Wein ist eines der letzten Mittel, wegen dem man überhaupt noch an einem Tisch sitzen bleibt. Und das ist kein kleines Argument.
Wein trennt nicht. Wein verbindet. Er verlangt unsere Aufmerksamkeit, zwingt zur Pause, lädt ein, den Inhalt eines Glases auch zu teilen. Und gerade das macht ihn in unserer Zeit bemerkenswert. Denn wir leben in einer Gegenwart, die sich schneller empört als ein Glas eingeschenkt ist. Aber langsamer verzeiht als ein Fass vergärt. In dieser Gegenwart braucht es etwas, das nicht auf Effekt zielt, sondern auf Begegnung. Wein kann das. Nicht nur als Metapher – sondern als gelebte Praxis.
Deshalb halten wir an der Idee fest: Ein Personenkomitee, das den Friedensnobelpreis 2026 für den Wein vorschlägt. Und ja, das klingt für manche übertrieben. Für andere: überfällig.
Dabei wissen wir natürlich auch, gegen wen der Wein da antritt. Für denselben Friedensnobelpreis 2026 wurde jüngst – von niemand Geringerem als Benjamin Netanyahu – der frühere US-Präsident Donald Trump vorgeschlagen. Die Begründung: Trumps Beteiligung an den sogenannten Abraham-Abkommen im Nahen Osten.
Doch ganz gleich, wie man politisch dazu steht: Es offenbart die Dringlichkeit, dem Friedensbegriff eine andere Dimension hinzuzufügen. Eine Dimension, die nicht auf geopolitischem Kalkül beruht, sondern auf menschlicher Nähe. Der Wein steht dabei nicht für Deals, sondern für Dialog. Nicht für Machtverhältnisse – sondern für Beziehungspflege im Wortsinn. Es wäre mehr als ein Zeichen, ihm auf dieser Bühne Gehör zu verschaffen.
Was den Wein schwächt, ist nicht seine Wirkung – sondern eine Verwechslung.
Seit dem 19. Jahrhundert, spätestens aber mit dem hygienischen Furor der Aufklärung und dem Kontrollbedürfnis der Moderne, wird Wein zunehmend in dieselbe Kategorie gesteckt wie destillierter Alkohol. Dabei trennt ihn mehr als nur der Alkoholgehalt von Spirituosen: Es ist die Kulturgeschichte, die ihn trägt. Der Wein ist keine Droge, sondern ein Kulturträger mit über sechstausend Jahren Geschichte. Ein Lebensmittel, das Teil von Ritualen, Religionen, Rechtsordnungen und Reifeprozessen ist. Kein Gin, kein Schnaps, kein Produkt der Raserei – sondern ein Medium des Maßes. Dass ausgerechnet der Wein heute unter pauschalen Abstinenzaufrufen mitleiden muss, ist historisch ungenau, politisch naiv und kulturell blind.
Es ist, als würde man Pergament mit Einweckpapier gleichsetzen – nur weil beide beschreibbar sind.
Natürlich ist ein Glas Wein kein politisches Instrument. Aber ein kulturelles. Und manchmal reicht genau das. Ein Glas Wein kann kein Problem lösen – aber es schafft einen Moment, in dem Lösungen überhaupt erst denkbar werden. Das ist mehr, als viele Gipfeltreffen zustande bringen.
Wir planen, diesen Gedanken im Herbst öffentlich weiterzuführen. Auch – und gerade – als Kontrapunkt zu einer Debattenlage, in der Genuss fast reflexhaft mit Verdacht belegt wird. Stichwort: Dry January. Der gute Wille hat mittlerweile Begleitmusik. Nur fragt man sich: Was genau wird da eigentlich gefeiert? Der Verzicht – oder das schlechte Gewissen?
Wir feiern lieber das, was bleibt: Gemeinschaft, Gespräch – Gärung.
Das Personenkomitee wird sich nicht aus PR-Profis und Branchenlobbyisten zusammensetzen. Sondern aus Menschen, die verstehen, dass Wein mehr ist als Ware: ein soziales Medium, lange vor der Erfindung von so Sachen wie Timelines in den Sozialen Medien. Ein Getränk mit Gedächtnis. Und mit Haltung.
Wein hat keine Stimme. Aber wir können ihm eine geben. Und vielleicht wird dann aus der alten Floskel vom „guten Tropfen“ wieder ein politischer Begriff: gut, weil verbindend. Gut, weil friedlich.
Gut, dass er so gut schmeckt. Unser Wein.

Wein her! Trotz des Weinens. Der Wineparty-Bericht aus dem Libanon
Beirut. Eine Topografie der Kontraste Special-Report Foreign-Desk. Von Gerhard Ziegler Der Anflug auf Beirut ist eine Übung in Relativität. Von Larnaka sind es 25 Minuten. Keine Zeit, um ernsthaft zu steigen; keine Zeit, um zu vergessen, dass man fliegt. Der Kaffee kommt, kaum serviert, schon sinkt der Airbus wieder Richtung Mittelmeerküste. Am Boden: Tarnmuster, Checkpoints,
Beirut. Eine Topografie der Kontraste
Special-Report Foreign-Desk. Von Gerhard Ziegler
Der Anflug auf Beirut ist eine Übung in Relativität. Von Larnaka sind es 25 Minuten. Keine Zeit, um ernsthaft zu steigen; keine Zeit, um zu vergessen, dass man fliegt. Der Kaffee kommt, kaum serviert, schon sinkt der Airbus wieder Richtung Mittelmeerküste. Am Boden: Tarnmuster, Checkpoints, ein Visa per Augenaufschlag – der Beamte fragt nach dem Hotel, stempelt, weiter.
Der Weg vom Flughafen durch die morgendlichen Straßenschluchten der Stadt: ein zähes Gleiten durch aufgeblähte Verkehrsadern. Die Architektur oszilliert zwischen gewölbter Postmoderne, französischem Erbe, Ruinenresten und sporadischem Leerstand. An der Autobahn: links ein übergroßer Khamenei, der iranische Religionsführer der Schiiten, der auch hier Ansage macht, rechts dann eine Lippenstiftwerbung mit entblößtem Dekolleté. Sie lächeln sich an – eine Allegorie auf den Zustand der Stadt. Noch ist der Libanon nicht verloren.
Das Hotel am Meer hat den Namen “Palm Beach”, Strom gibt’s in Intervallen, die Aussicht auf Marina und Möwen ist konstant. Beirut riecht nach Großstadt und Salz, singt exotischer als jede mitteleuropäische Taube. An der Marina: internationale Cafés, wenige Yachten, klare Ordnung. Der Espresso bei Paul kostet so viel wie ein Espresso in Zürich.
Zwischen Hochplateau und Halbwelt
Der Ausflug ins Beqaa-Tal, das grüne Herz hinter den Bergen, ist eine Reise durch Zonen. Die ersten Kilometer: verhangene Gipfel, Regen in den Wolken. Die Straße führt über Kontrollposten mit blechernen Wachhäuschen, weiß-rot bemalt. Hupen ersetzt hier den Blinker. Der erste Halt: eine alkoholfreie Raststation mit ISO-Zertifikat und Manousheh. Tee statt Arak.
Dann plötzlich: eine Brauerei. “Beirut Beer”. Eine industriell saubere Anlage mit deutscher Technik. Fotografieren verboten, man versteht warum. Junge Frauen im Hijab kontrollieren die Abfüllanlage, der Braumeister doziert auf arabisch am Touchscreen. Verkostung: Bier, wie man es auch in Köln oder Linz bekommen könnte – wenn auch nicht unter Plakaten von Mullahs.
Die Straße führt weiter durch Flüchtlingslager und Plakatlandschaften. Dann wie aus dem Nichts: Château Ksara. Ein Weingut, wie aus einer französischen Winzerfantasie gefallen. Der Empfang charmant, die römischen Kellergewölbe eindrucksvoll, der Stromausfall inklusive. Verkostet wird Merwah (nussig, apfelig), ein Rosé, der nach Vermentino schmeckt, ein klassischer Cabernet. Man kennt das. Die Cuvées? Viel Holz, viel Kraut. Im Detail:
Château Ksara Blanc de Blancs 2023
Klar, fast kristallin, mit einer Nase aus weißen Blüten, grünem Apfel und einem Hauch Mandarine. Am Gaumen frisch, aber nicht nervös – ein Weißwein, der seinen Mittelmeerursprung nicht verleugnet, aber französisch bleiben will. Das Finale: zurückhaltend, fast höflich.
Le Prieuré 2022
Ein Roter für jeden Tag, wenn die Tage lang genug sind. Fruchtig, leicht gewürzt, mit Anklängen von reifer Kirsche und einem Schimmer Zimt. Kein Wein, über den man diskutieren muss. Stört nicht, wird nie intellektuell, aber schmeckt einfach, einfach und gut.
Cabernet Sauvignon 2021
International bis zur letzten Gerbstoffader. Dunkel, mit Cassis, schwarzer Olive und viel Holz. Der Auftakt wuchtig, der Nachhall trocken, ein Wein wie ein Statement – aber eines, das man schon oft gehört hat. Technisch sauber, emotional sparsam.
Réserve du Couvent 2021
Der Klassiker. Cuvée aus Syrah, Cabernet und Cabernet Franc. Pfeffrig, stoffig, mit dunkler Beerenfrucht und feiner Vanille vom Barrique. Ein Wein, der sich anfühlt wie ein gut geschnittener Blazer – sitzt, passt, wärmt. Aber verrät nichts über den Träger. Und eigentlich auch wenig über den Kellermeister
Merwah (Jahr vergessen)
Die autochthone Überraschung. Golden im Glas, mit nussigem Duft, reifem Apfel, getrockneten Kräutern. Am Gaumen eine Textur wie Sandstein – rau, mineralisch, originell. Ein Wein, der nicht jedem gefallen will. Und deswegen der interessanteste Wein des Weinguts ist.
In Anjar dann das “Al Shams”, eine Art Schweizerhaus (eine Wiener Institution) des Libanon. 5000 Sitzplätze, Rummel, Mezze, Arak, Rauch. Spätestens nach dem dritten Teller und dem zweiten Glas sind weitere Weingutsbesuche theoretischer Natur.
Batroun Mountains Winery: Zwischen Stein und Spontanvergärung
Der Verkostungsraum liegt in der historischen Altstadt von Batroun. Zwei unglaublich selbstsichere Mädchen der Winzerfamilie empfangen Gäste und erklären die Weine hier. Man ist stolz auf das, was man macht. Bio, klar. Keine Herbizide, keine Hefe aus dem Päckchen.
Im Glas: ein Chardonnay, spontanvergoren, mit einer Nase von Apfelhaut, nassem Stein, einem Hauch Honigkraut. Am Gaumen kantig, fast ungehobelt – aber charaktervoll wie ein Gespräch nach Mitternacht. Danach ein Merlot: weich, dunkel, balsamisch, nicht ganz frei vom Holz, aber gut eingebunden. Der Cabernet Sauvignon? Klassisch, ohne Schnörkel, fast französisch in seiner Zurückhaltung. Und dann ein Prosecco aus heimischen Trauben, trocken, blitzsauber, mit feiner Perlage und erstaunlich viel Trinkfluss. Kein Zirkus, kein Zucker, einfach Schaumwein mit Selbstachtung.
Die Cuvees? Wieder viel Kraut, wieder wenig Zug – aber nie beliebig. Eher: Suchend, fragend, manchmal ein wenig zu bemüht. Doch immer getragen von der Lust, anders zu sein als die Konkurrenz in Ksara oder Kefraya. Hier will niemand Bordeaux spielen – sondern Batroun erzählen. Doch das ist egal – der Zauber liegt nicht im Glas, sondern im Versuch.
Resilienz, Rauch und Marc Aurel
Auf der Rückfahrt wird gesprochen. Über Leben, Staat, Krisen. Alle hier haben mehrere Jobs, viele Fähigkeiten, keine Illusionen. Der Staat ist Abstraktion, die Wirtschaft privat organisiert. Verluste werden genommen, Hoffnung bleibt pragmatisch. Niemand fabuliert endlos über das Unveränderliche.
Sonnenuntergang über Beirut, gesehen von einer Wohnung über der Stadt. Mokka, Süßes, eine Gottesmutter im Stiegenhaus, Guerilla-Gardening am Hang. Später ein Zitat von Marc Aurel: “Für die Farbe deiner Gefühle bist du selbst verantwortlich.” Der Satz bleibt. Wie Beirut: eine Stadt, die man nicht versteht, aber spürt.

Blaufränkisch vom Beamten. Besuch auf einem wahrlich kuriosen Eigenbedarfs-Weingut
Von Gerhard Ziegler Toni Reisner war Beamter. Heute kümmert er sich mit Freunden um zwei Weingärten im Burgenland – aber keine einzige Flasche verlässt den privaten Kreis. Ein Gespräch über Idealismus, Muskelkater und das Glück, etwas wachsen zu sehen. Herr Reisner, warum macht man so etwas – viel Arbeit, kein Verkauf, keine große Bühne? Reisner:
Von Gerhard Ziegler
Toni Reisner war Beamter. Heute kümmert er sich mit Freunden um zwei Weingärten im Burgenland – aber keine einzige Flasche verlässt den privaten Kreis. Ein Gespräch über Idealismus, Muskelkater und das Glück, etwas wachsen zu sehen.
Herr Reisner, warum macht man so etwas – viel Arbeit, kein Verkauf, keine große Bühne?
Reisner: Ganz einfach: weil ich meinen eigenen Wein machen will. So, wie ich ihn haben will – in der Qualität, wie ich ihn mir wünsche. So einen Blaufränkisch, wie ich ihn mache, kann ich nicht kaufen.
Also: Das ist wirklich euer Weinberg. Und ihr macht das als Gemeinschaft. Nur für euch.
Reisner: Wir haben zwei Weingärten. Einer wird von uns sechs Freunden seit 2013 bewirtschaftet – Blaufränkisch. Den zweiten betreue ich in anderer Konstellation, auch dort Blaufränkisch, aber noch junge Reben. Das Besondere ist die Einzelstockkultur. Das ist viermal so viel Arbeit – alles per Hand. Aber es lohnt sich.
Wann habt ihr damit angefangen? Und wie viele Jahrgänge habt ihr inzwischen produziert?
Reisner: Die erste Ernte aus dem Freundes-Weingarten war 2013. Der Einzelstockgarten liefert seit 2019.
In der Vorstellung klingt das alles sehr romantisch. Aber die Realität ist vermutlich… kerniger?
Reisner: Ohne ein bisschen Weinbau-Romantik würde es gar nicht funktionieren. Es ist eine emotionale Sache. Jedes Jahr bringt Überraschungen, Freude – manchmal auch Verzweiflung. Aber kalt lässt einen das nie. Es ist Natur pur. Und wir sind keine Profis – das macht es nur intensiver.
Wie groß sind eure Flächen – und wie viel Wein entsteht daraus?
Reisner: Beide Gärten haben je rund 1.000 Rebstöcke auf einem Viertelhektar. Aus der Drahtrahmenkultur kommen jährlich rund 900 Flaschen, je nach Jahrgang. Der Einzelstockgarten schafft, wenn’s gut läuft, etwa 600 Flaschen.
Nicht gerade wenig. Wenn jetzt jemand das liest und sich denkt: Ich will da mitmachen – wie steigt man da ein?
Reisner: Bei uns war es Zufall. 2013 haben wir einen Weingarten übernommen, der eigentlich gerodet werden sollte. Wir haben ihn gerettet – unter der Bedingung, dass wir ihn selbst roden, wenn wir irgendwann aufhören. Das verpflichtet. Es ist kein Acker, sondern ein Garten – gepflegt, gehegt. Ein Ort, an dem man sich wohlfühlen soll. Für mich ist das ein Rückzugsort. Da bin ich zu Hause.
Und der zweite Weingarten?
Reisner: Ist Eigengrund. Ich habe ein Grundstück gekauft, ausgepflanzt – schwerer, lehmiger Boden mit Muschelkalk-Einschlüssen. Südwestlage, kühle Fallwinde vom Rosaliengebirge. Für Blaufränkisch optimal. Viel anderes geht dort auch nicht, ehrlich gesagt.
Sortenfrage: Bleibt ihr beim Blaufränkisch oder wird experimentiert?
Reisner: Nur Blaufränkisch. Wir haben mal mit anderen Trauben gespielt – zum Lernen. Aber was wir heute tun, tun wir ernsthaft: vom Rebschnitt bis zur Gärung, alles in unserer Hand.
Was kostet das – an Zeit und Geld?
Reisner: Schwierig zu sagen. Im Jahr kommen pro Person vielleicht ein bis zwei Stunden pro Woche zusammen. Beim Einzelstock viermal so viel – gerade ab Juli. Finanziell waren es am Anfang um die 10.000 bis 11.000 Euro pro Garten. Wir hatten ja nichts: keinen Traktor, keine Rebschere, kein Fass. Die laufenden Kosten liegen bei etwa 400 bis 500 Euro im Jahr – für Abfüllung, Korken, Etiketten. Das summiert sich. Und Kellerräume zu finden ist im Burgenland nicht leicht. Ein Wein entsteht in einer Garage, der andere in einem gemieteten Keller.
Die Flasche auf unserem Tisch heißt „9 and a half rows“. Eine Privatabfüllung. Also: Nicht käuflich?
Reisner: Genau. Das ist unser Wein. Beim „9 and a half rows“ habe ich 150 Flaschen pro Jahr. Da könnte ich vielleicht 50 verkaufen. Aber für diese 50 Flaschen einen Betrieb zu gründen, ein Kellerbuch zu führen – das lohnt sich nicht. Wenn Freunde eine Flasche wollen, bekommen sie eine – gegen Unkostenbeitrag. Mehr nicht.
Wäre es nicht sinnvoll, es Hobby-Winzern leichter zu machen, kleine Mengen legal zu verkaufen?
Reisner: Ich finde nicht, dass das ein Thema ist. Die meisten Hobbywinzer machen ihren Wein für sich. Das ist dann ein Geschenk, ein Mitbringsel – etwas, das man nicht kaufen kann. Das hat Charme. Und unsere Weine schneiden bei Blindverkostungen sehr gut ab, weil sie trinkfreudig und naturbelassen sind. Man schmeckt das Jahr.
Was waren die größten Herausforderungen bisher – und die schönsten Momente?
Reisner: Das Schönste war unser erster Jahrgang beim „9 and a half rows“. Mit Unterstützung von Thomas Lenhart aus Gols – ein Glücksfall. Und das Schlimmste? 2014 – kühl, nass, viel Säure. 2016 dann Hagel, Frost. Wir nannten den Wein „Respekt“, weil es ein Wunder war, dass überhaupt etwas Gutes dabei herauskam. Acht Jahre später ist er erstaunlich gut – ein Spätentwickler.
Zum Schluss: Gibt es eine Weinkrise – oder nur eine Verlagerung?
Reisner: Krise? Noch nicht. Aber es gibt einen Trend. Junge Leute trinken weniger – und Rotwein im günstigen Segment ist schwer verkäuflich. Hochwertige Rotweine laufen noch gut. Unsere Weine würden da eher hineinpassen.
Toni Reisner und sein Blaufränkisch von “9 and a half rows”.

Die Leiden des alten Werther – Poesie aus dem Leben eines Weinreinbringers
von Risto Rieger Sonntag, 10 Uhr morgens. Ich liefere Wein aus. Um 23.30 Uhr des Vorabends erreicht mich seine Benachrichtigung via WhatsApp, es wäre dringend, private Gesellschaft, sorry für die späte Nachricht, ob das ginge? Ich antworte nicht. Um 10.15 Uhr bin ich da. Er, der Chef, Restaurantleiter oder was auch immer, verschlafen, ungeduscht, wortkarg. Acht Kartons, ich schleppe sie einzeln,
von Risto Rieger
Sonntag, 10 Uhr morgens. Ich liefere Wein aus. Um 23.30 Uhr des Vorabends erreicht mich seine Benachrichtigung via WhatsApp, es wäre dringend, private Gesellschaft, sorry für die späte Nachricht, ob das ginge? Ich antworte nicht.
Um 10.15 Uhr bin ich da. Er, der Chef, Restaurantleiter oder was auch immer, verschlafen, ungeduscht, wortkarg. Acht Kartons, ich schleppe sie einzeln, nacheinander in Zeitlupentempo, der verdammte Rücken schmerzt, ich kann das nicht mehr, so wie früher. Er hingegen hockt einfach nur da, draußen, sieht mir zu, raucht und glotzt in seiner gesamten Schlichtheit in sein MacBook Air.
„Cool, danke“. Immerhin, er bedankt sich ungefragt mit einem Gläschen Ulysse Collin „Les Perrieres“. Vermutlich der Rest aus einer Flasche vom letzten Abend. Um 10.30 Uhr?, was soll’s, scheiß drauf denke ich mir und schütte es auf nüchternen Magen die Kehle hinab, ein zweites hinterher, diesmal nicht ungefragt, Tschick dazu. Ich könne gerne vorbeikommen am Nachmittag, es sei zwar privat, aber egal, ich würde sicher jemanden kennen. Ja, mal sehen sage ich und gehe ohne mich zu verabschieden.
Nachmittag, immer noch Sonntag, ich sitze am Ufer des Kanals und lese in Paul Nizons „Canto“, schaue aufs trübe, stehende Gewässer, Enten, ein Schwan, schaue in den weiß-blauen, bayrischen Himmel, schaue den Jogger*innen hinterher, den jungen, feingliedrigen, fast schwebenden Damen mit ihren ästhetisch durchaus ansprechenden Konturen in engen Funktionspants, ihr vorbeifliegender, zarter Duft nach frischem Schweiß, darunter mischen sich auch plumpe, übergewichtige, wabbelige Läuferinnen, ebenso in hautenger Funktionsbekleidung, aber mit deformierten, hängenden, quallenartigen Konturen, nicht zerbrechlich, eher Sackhüpfen als dahin schweben, unbeholfen aber hoffnungsvoll.
Durchtrainierte Poser, gebräunte Joggertypen, nebst fetten, trampelnden und schwitzenden Kerlen mit hochroten Köpfen und leidender Mine, allerdings durchaus ambitioniert, wenn man einen Blick auf deren Equipment schweifen lässt. Hunde, Typen mit Hunden, Pärchen mit Kindern und Hunden, verdammte Pärchen, ich kann Pärchen nicht ertragen.
Sie kommt heute nicht, oder sie war schon da, oder sie lief an mir vorbei und hat mich nicht gesehen, oder sie wollte mich nicht sehen, oder sie ist raus auf’s Land gefahren, mit Freunden, einen Freund hat sie nicht soweit ich weiß. Sie, mit ihrem Hund. Man sieht sie nie ohne ihren Hund. Sie wohnt am Kanal wie auch ich und es ist nicht gänzlich abwegig, sie dort mit ihrem Hund anzutreffen. Eine alte unerfüllte Liebe, sie ist bezaubernd noch immer, vermutlich das hübscheste, klügste und eloquenteste Mädchen, das ich jemals traf. Ich lies sie damals stehen, oder sie mich?, warum weiß ich nicht, oder ich will es nicht mehr wissen. Jetzt wird es vermutlich zu spät sein. Ich könnte sie einfach anrufen, tue es aber nicht.
Gemeinsam vormittags aufwachen, wieder einschlafen, frühstücken auf dem Balkon, Champagner, lesen auf der Couch, spazieren gehen am See, auf einen Drink gehen, in die Ausstellung, eine Kleinigkeit zusammen kochen, sich gemeinsam in den Rausch trinken, ganz normale Dinge eben, die jeder tut an einem Sonntag.
Noch immer Sonntag, endlich Abend, endlich neigt sich dieser Tag dem Ende zu, endlich Wein, endlich Alkohol, endlich nicht mehr Denken müssen. Um mich über die Unbill dieses Tages hinwegzutrösten, noch kurz im neuen Pop-up eines bekannten Weinhändlers vorbeischauen, gesehen werden und den üblichen Nonsens-Talk über sich ergehen lassen. Szenegrößen, Weinmenschen, Wichtigtuer, „Adabeis“, Unsympathen verschieden großen Ausmaßes, schöne Menschen und solche, die sich dafür halten.
Die Stimmung ist ausgelassen, gelöst, fröhlich, die postmoderne Gesellschaft urbaner Millieus ist gerne ausgelassen und fröhlich, besonders im Sommer, im Freien, betört von der Leichtigkeit des sich anbahnenden Berauschtseins. Stimmengewirr, ein Grundrauschen aus affektiertem Gelächter, Gackern, Stöhnen, klirrenden Gläsern, weiter entfernt hört man sie kreischen. Er hingegen, nicht minder unangenehm, stellt sich durch zu lautes Lachen und Zuprosten ins Rampenlicht, gibt sich betont gelöst vom abfallenden Stress seines Tages. Ein dichtes Gedränge sich fallenlassender, schwitzender Körper mit ambitioniertem Mitteilungspotenzial. Ein Potpourri unzähliger Düfte aus Schweiß, frisch geduschten und parfümierten Menschen, Alkohol und Zigarrenrauch wabert durch die Weite des Raums. Man wird vorgestellt, man stellt sich vor, auch jenen, die man bereits kennt. Namen sind ohnehin Schall und Rauch. „Hi, ich bin die…“ ich verstehe ihren Namen nicht, was auch bedeutungslos ist, denn ich wusste ohnehin, wer sie ist. „Wir kennen uns von damals, aus dem Laden, du warst die Organisatorin der…“, sie versteht kein Wort von dem, was ich sage. Sie erwidert, „Nein, ich arbeite für…“. Was auch immer, ich verstehe kein Wort von dem, was sie mir mitteilen will. Sie lächelt, wie man gelernt hat zu lächeln bei derartigen Zusammenkünften. Shakehands hier und da, ich fühle mich auf eine merkwürdig distanzierte Ebene versetzt, so, als würde man all dies von einem anderen postapokalyptischen Ort aus beobachten, einem Ort der Stille, wie ein Wiedergänger, der scheu interagiert mit dieser ausgelassenen Meute, eher aus Höflichkeit oder vielleicht Verzweiflung. Willst du noch von diesem oder jenem Wein kosten? Nein, danke. Ich will nichts trinken, ich muss gehen. Warte, bleib noch kurz, ich möchte dich unbedingt noch mit (Name beliebig) bekannt machen. Ich bleibe physisch anwesend, mein Geist hingegen hat sich inzwischen von diesem grotesken Schauspiel verabschiedet. Umarmungen hier, Bussibussi dort, immer lächeln, immer nippen und über die Schulter spucken. Mentale Erschöpfung macht sich breit, das Gackern und Gurren, das permanent aufgesetzte Lächeln und Reden im dumpfen, lethargischen Purgatorium des Nachtlebens.
Die Sehnsucht nach dem anderen verführerischen Ort, dem Ort der Stille.
Exclusive: Hear President Trumps Statements about Tariffs Wineparty facing immediately
President Stabile Genius announces new tariffs against German-Austrian-Site: “The Wineparty”. “They are not friends of the US”, he said in front of the media. Hear President Trumps Voice announcing great & georgeous tariffs against Klimek & Ziegler..
President Stabile Genius announces new tariffs against German-Austrian-Site: “The Wineparty”. “They are not friends of the US”, he said in front of the media.
Hear President Trumps Voice announcing great & georgeous tariffs against Klimek & Ziegler..

Crazy aber machbar: Der Friedensnobelpreis für Wein!
Es ist eine zuerst mal bescheuert und abwegig klingende Initiative: eine unabhängige Bewegung weltweiter Winzer und Weinschaffender zu gründen, die sich anschickt, das Jahrtausende alte Kulturgut Wein für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Von den Statuten her ist das möglich, wenn ein Personenkomitee als Einreicher dafür verantwortlich zeichnet. Wenn die Welt brennt, wenn Ideologien aufeinanderkrachen, wenn sich
Es ist eine zuerst mal bescheuert und abwegig klingende Initiative: eine unabhängige Bewegung weltweiter Winzer und Weinschaffender zu gründen, die sich anschickt, das Jahrtausende alte Kulturgut Wein für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Von den Statuten her ist das möglich, wenn ein Personenkomitee als Einreicher dafür verantwortlich zeichnet.
Wenn die Welt brennt, wenn Ideologien aufeinanderkrachen, wenn sich die immergleichen Machtspiele, wie ein Theaterzirkus aufdrängen, dann gibt es genau eine Konstante, die sich nicht aus der Ruhe bringen lässt: Wein. Während sich Politiker anschreien, gießt ein Winzer irgendwo in Burgund, in der Pfalz oder in der Toskana seinen neuen Jahrgang ins Glas, schwenkt ihn, riecht daran, nimmt einen Schluck – und nickt. Die Welt geht unter, aber der Wein im Glas, der passt, der friedlich, besonnen und demokratisch macht – und für lessez faire im Denken sorgt.
Deshalb, höchste Zeit für eine längst überfällige Ehrung: Der Friedensnobelpreis 2025 oder 2026 muss an Wein und Winzer gehen. Weil Wein das älteste friedensstiftende Mittel der Menschheit ist. Und weil Winzer seit Jahrtausenden völkerverbindende Arbeit leisten, ohne dafür Milliardenhilfen zu kassieren.
Wein: Die diplomatische Waffe, die immer funktioniert
Kriege, etwa der Dreißigjährige Krieg, wurden mit Wein beendet. Bündnisse mit Wein besiegelt. Der erste internationale Handelsvertrag? Wahrscheinlich ein Abkommen zwischen zwei antiken Winzern, die feststellten, dass sich die Amphoren des jeweils anderen wunderbar verkaufen lassen.
Die Griechen schickten ihren Wein mit den Handelsflotten nach Ägypten. Die Römer verbreiteten den Weinanbau bis nach Germanien, weil sie auch an der etwas kälteren Mosel nicht auf ihren Rebensaft verzichten wollten. Klöster wurden zu Weinhochburgen, Päpste zu Weinverkostern, und bis heute kommen sich Menschen unterschiedlichster Herkunft am schnellsten näher, wenn jemand eine gute Flasche aufmacht.
Religion, Philosophie, Revolte – immer mit Wein
Dionysos, Bacchus, Jesus – sie alle wussten, dass Wein mehr ist als nur ein Getränk. Im Abendmahl wird er als das Blut Christi getrunken. Nicht Wasser, nicht Tee, nicht Bier – nein, Wein. Warum? Weil Wein mehr kann. Weil er die Sinne schärft, Gespräche vertieft und den Moment größer macht. In Frankreich entfachte er Revolutionen, in Spanien wurde er zum Nationalheiligtum, und in Wien hat sich noch jede intellektuelle Runde spätestens nach dem dritten Glas darauf geeinigt, dass die Welt eigentlich gar nicht so kompliziert ist.
Winzer: Friedensarbeiter im Hintergrund
Während Staaten Milliarden in fragwürdige Friedensmissionen pumpen, leisten Winzer wahre Friedensarbeit – nur eben subtiler. Sie retten uralte Rebsorten, halten Landschaften in Schuss, bringen Menschen zusammen: Weinfeste, Weinreisen, Weinmessen – das sind die wahren diplomatischen Gipfeltreffen. Hier werden Freundschaften geschlossen, Kulturen ausgetauscht, Feindbilder abgebaut.
Und dann sind da noch die legendären Weinmomente in der Weltgeschichte: Der Vertrag von Maastricht wurde mit Bordeaux begossen. Beim Fall der Berliner Mauer floss deutscher Sekt in Strömen. Und die Friedensnobelpreisverleihung? Ohne eine ordentliche Weinkarte undenkbar.
2025 oder 2026: Wein für den Nobelpreis!
Wir haben Politiker mit Friedensnobelpreisen ausgezeichnet, die danach Kriege begonnen haben. Wir haben Institutionen geehrt, die ihren eigenen Bürokratieapparat kaum verstehen. Es wird Zeit für eine radikale Neuausrichtung: Der Friedensnobelpreis muss an den Wein gehen. Und an die Winzer, die ihn machen. Denn wenn irgendetwas die Welt zusammenhält, dann ist es das schlichte, aber ewige Ritual, eine Flasche zu öffnen, Gläser zu heben und gemeinsam zu trinken.
Alles was wir dazu brauchen, ist eine kulturpolitische und historische Referenz, die ein(e) Kulturhistoriker(in) und ein(e) Historiker(in) von Weltruf für uns schreiben. Ja: Das kostet etwas Geld, aber die ca 15000 Euro Honorare sind da gut angelegt und lächerlich gegen Werbebudgets, die ohnehin kaum wirken.
Friedensnobelpreis für Wein: Das ist keine Utopie. Das ist Jahrtausende alte Realität. Also, liebes Nobelpreiskomitee: Ran an die Flaschen! Die Welt hat es sich verdient.
Und vom Dry-January redet dann kein Mensch mehr.

Frühlingsbeginn im Bilderbuch: Fotos, die wir nicht finden wollten
Wir Wineparty’ler suchen seit gestern in unserem Archiv nach einem Foto, das wir dann auch gefunden haben (es ist hier im Beitrag das letzte Foto – und es ist krass). Doch bevor wir dieses Foto gefunden hatten, haben wir zig andere Fotos aus den Jahren 2008-2010 gefunden, die wir gar nicht finden wollten – die
Wir Wineparty’ler suchen seit gestern in unserem Archiv nach einem Foto, das wir dann auch gefunden haben (es ist hier im Beitrag das letzte Foto – und es ist krass). Doch bevor wir dieses Foto gefunden hatten, haben wir zig andere Fotos aus den Jahren 2008-2010 gefunden, die wir gar nicht finden wollten – die es aber wert sind, gezeigt zu werden.
1.) Den Rheingauer Winzer Christian Ress als Ryan Gosling in seinen Steilhängen (© Klimek/GQ-Conde-Nast-Munich):
2.) Ress als Captain of our hearts (© Klimek/GQ-Conde-Nast-Munich)
3.) Marion Ebner-Ebenauer im Gegenlicht, das bricht (©Klimek, A la Carte Magazin)
4.) Der letztes Jahr viel zu früh verstorbene, geniale Remstaler Rotweinwinzer Andi Knauß (© Klimek/GQ-Conde-Nast-Munich).
5.) Die Sippschaft Tement im ebenerdig tiefen Keller (© Klimek / A la Carte Magazin)
6.) Paul Achs doing things, Winzers use 2 do (© Klimek / A la Carte Magazin)
7.) Der Hannes, der kann es (Hannes Sabathi, © Klimek / A la Carte Magazin)
8.) Der Hannes kannes, den Tschick zwischendurch (© Klimek / A la Carte Magazin).
9.) Herrn Markowitsch Gespür für Schnee (© Klimek / A la Carte Magazin).
10.) Blues-Brother Christoph Wachter (Auftrag des Weinguts).
11.) Stefan Graf Neipperg auf Canon de la da gibt’s nix zum Gaffeliere (© Klimek / Falstaff Deutschland).
12.) Wachhund seines Weingartens, Jochen Dreissigacker (© Klimek/GQ-Conde-Nast-Munich).
13: Als Posterboy seiner selbst (© Klimek/GQ-Conde-Nast-Munich).
14.) Der super Ösiwinzer, dessen Namen wir uns nie merken und dessen Verachtung unds zurecht trifft (© Klimek / A la Carte Magazin).
15.) Das Foto, das wir eigentlich suchten: Hagel, überm Remstal (der dann nicht gekommen ist, © Klimek/GQ-Conde-Nast-Munich).

Herrn Von der Hös wunderbares Gespür für Wein (1)
Sebastian von de Hö heißt natürlich nicht so. Für uns von der Wineparty aber schon, weil der Chefredakteur sich keine echten Namen, sondern nur die auf Social-Media benutzten Namen merken kann (will). Egal: von der Hö erzählt dem Berufsignoranten Klimek von zwei Moselsekten, die, obwohl umme Ecke, ganz unterschiedlich sind, groß unterschiedlich sind, riesig unterschiedlich
Sebastian von de Hö heißt natürlich nicht so. Für uns von der Wineparty aber schon, weil der Chefredakteur sich keine echten Namen, sondern nur die auf Social-Media benutzten Namen merken kann (will).
Egal: von der Hö erzählt dem Berufsignoranten Klimek von zwei Moselsekten, die, obwohl umme Ecke, ganz unterschiedlich sind, groß unterschiedlich sind, riesig unterschiedlich sind. Hören wir dem Sommelier des Berliner Dreisterners “Rutz” doch bei seiner Erzählung durch. Der erratische Chefredakteur, Zwilling wie Trump, quatscht diesmal auch weniger rein als üblich.
Achtung: Dieses Video kann schnelle Kamerabewegungen enthalten, die zu Schwindel und Übelkeit führen können.

Gastbeitrag: Naturwein: Die Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies
(Ein Gastbeitrag von Dr. Philipp v. Geymüller. Gastbeiträge müssen – wie in diesem Fall doch deutlich – nicht der Meinung der Redaktion entsprechen) Sie zieht sich wie ein roter Faden von der Antike bis in die heutige Zeit durch die gesamte Kulturgeschichte: Die Vorstellung, dass die Zivilisation krank macht und dass ein einfaches, selbstgenügsames Leben,
(Ein Gastbeitrag von Dr. Philipp v. Geymüller. Gastbeiträge müssen – wie in diesem Fall doch deutlich – nicht der Meinung der Redaktion entsprechen)
Sie zieht sich wie ein roter Faden von der Antike bis in die heutige Zeit durch die gesamte Kulturgeschichte: Die Vorstellung, dass die Zivilisation krank macht und dass ein einfaches, selbstgenügsames Leben, wie früher im Einklang mit der Natur, das wahre Glück bringt.
Versinnbildlicht wird diese Sichtweise von Jean-Jacques Rousseau: “Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers kommt; alles entartet unter den Händen des Menschen.”
Dem großen Einfluss Rousseaus folgend wurde das Zurück zur Natur im 18. Jahrhundert bald zum Trend. So ließ sich Marie Antoinette im Schlosspark von Versailles einen idyllischen Retorten-Weiler, das “Hameau de la Reine”, errichten, um dem strengen Hofleben zu entfliehen und in einer idealisierten, ländlichen Umgebung den Traum von der Einfachheit, Freiheit und Schönheit des Landlebens zu leben.
Gerade auch heute scheint diese Sehnsucht nach einem einfachen, ursprünglichen, nicht von der Zivilisation eingeschränkten Leben wieder besonders groß: Trotz des größten Wohlstands und der größten Lebenserwartung aller Zeiten und vieler anderer sich objektiv sehr gut entwickelnder Parameter sind viele Menschen in unseren Breiten unzufrieden und sehnen sich nach einem alternativen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das vermeintlich mehr Sinn gibt und mehr Freiheit lässt.
“Naturwein” ist ein geradezu paradigmatischer Ausdruck dieser Sehnsucht, verspricht er doch im Gegensatz zu vermeintlich langweilig zivilisiertem „industriell“ bzw. „konventionell“ produziertem Wein das Reine, Unverfälschte, Wilde, die Natur im Glas und suggeriert, dass man damit etwas zur Rettung der Welt beiträgt. Und so erfreuen sich selbst ernannte (es gibt keine offiziellen Kriterien dafür) Naturweine zunehmender Beliebtheit, vor allem auch beim jüngeren, urbanen Publikum, stark befeuert von den Medien und anderen Stimmungsmachern. Man denke nur an die Ausgabe des “Rondo”-Magazins der österreichischen Tageszeitung “Der Standard” vom November 2018 mit dem Titel: “Warum wir mehr Naturwein trinken sollten”.
Wein ist nicht Natur, sondern Kultur
Ja, warum eigentlich?
Schon der Begriff “Naturwein” muss nämlich eigentlich stutzig machen, weil er ein Widerspruch in sich ist: Die wilde, ungezähmte Natur ist ursprünglich typischerweise ein unwirtlicher, menschenfeindlicher Ort, oder wie es der Filmemacher Werner Herzog über den Urwald auf den Punkt bringt: „Der Urwald ist kein Ort der Harmonie, sondern ein Ort überwältigender, erdrückender Gleichgültigkeit. Es ist ein Ort, an dem das Leben in all seiner Fülle und seinem Schrecken pulsiert.“ Auch die Rebe ist natürlicherweise eine wilde Ranke, die auf Bäume klettert. Um sie wirklich nutzbar zu machen, hat der Mensch sie aus der Wildnis geholt und so erzogen, dass sie im (Reb-)Garten eine gute Figur macht. Hierfür muss er sie das ganze Jahr über intensiv betreuen, angefangen beim Rebschnitt über die Boden- und Laubarbeit bis hin zur Lese im Herbst, und sie vor Schädlingen und Krankheiten schützen.
Wie beim Wein gilt in der gesamten Land- und Forstwirtschaft seit der Vertreibung des Menschen aus dem Paradies nämlich leider: Von nichts kommt nichts. Also wenn der Mensch nichts macht und die wilde Natur durch seine gestaltende Tätigkeit, durch das kultivieren, in eine Kultur überführt, wird nichts daraus. Und so sind die Flure mit ihren Äckern, die Berge mit ihren Almen und die durchgängig forstwirtschaftlich genutzten Wälder in unseren Breiten, aber auch Tee- oder Kaffeeplantagen in anderen Regionen und insbesondere der Wein überall auf der Welt seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden vom Menschen im Schweiße seines Angesichts geschaffene Kulturlandschaften. Es sind aber just oft diese Landschaften, die der Städter im Kopf hat, wenn er sich nach einer Auszeit sehnt, denn sie sind wunderschön, wegen und nicht trotz des menschlichen Eingriffs.
Dazu kommt beim Wein, dass auch die Herstellung ein kultureller Akt ist: Der Winzer ist ein “Eleveur”, wie die Franzosen so schön sagen, er erzieht den Wein idealerweise wie einen Ballett-Eleven, es hängt also fast alles an ihm, dem Winzer, und nur sehr wenig am chaotischen Zufall der Natur, auch wenn er sich einmal bewusst für eine Spontanvergärung entscheidet. All dies führt dazu, dass gerade im Wein das Wesen unserer abendländischen Kultur verdichtet ist. Man erinnere sich nur, wie oft Winzer, Rebstock und Wein alleine in der Bibel vorkommen und wie wichtig der Wein für die Kulturgeschichte dieses Kontinents ist.
Wein ist also Kultur und Kultur ist das Gegenteil von Natur: Ein echtes und konsequentes Zurück zur Natur würde das Ende des Weinbaus bedeuten wie wir ihn kennen und kann insofern rationalerweise nicht gefordert werden.
Die Naturweinbewegung: esoterisch, antiaufklärerisch, quasireligiös
Aber die Naturweinbewegung ist eben nicht rational, sondern bewusst irrational. Es geht hier nicht um Fakten, sondern um den, gerne auch ostentativ zur Schau gestellten, Glauben, sich und der Welt mit Naturwein etwas Gutes zu tun. Damit ist man im esoterischen Eck, genauso wie die Impfgegner. Es ist interessant, dass typischerweise dieselben Leute, die während der Coronazeit Impfgegner besonders vehement als Schwurbler etc. beschimpft haben, sehr gerne auch zu Naturwein greifen, obwohl es sich hier um das gleiche Gedankengut handelt: Die Biodynamie, einer der wichtigsten gemeinsamen Nenner der Naturweinbewegung beruft sich auf Rudolf Steiner, einem Parade-Esoteriker, Mystiker und vehementen Impfgegner der ersten Stunde.
Eine Folge dieses Dogmatismus und Sendungsbewusstseins ist, dass es nicht mehr so sehr darum geht, ob ein Wein schmeckt, sondern ob er von der richtigen Person mit der richtigen, der Naturwein-, Ideologie gemacht wurde. Dies macht die Naturweinbewegung ähnlich zu anderen vor- oder antiaufklärerischen Bewegungen wie der Kirche, dem Marxismus und der gesamten Postmoderne mit dem Wokeismus.
Die Aufklärung steht dagegen für Rationalität, empiriebasierte Wissenschaftlichkeit und damit für die Zivilisation. Dies hat uns von Mystizismus und der Bindung an obrigkeitliche Dogmen befreit sowie die Anerkennung der Universalität der Menschenrechte, Fortschritt und Wohlstand gebracht. Man denke nur an die Medizin. Auch in der Landwirtschaft und natürlich auch im Weinbau haben Wissenschaft und Forschung zu enormen Fortschritten geführt. Die Erträge sind gestiegen, die Qualität hat zugenommen. Dass dabei mitunter auch, meist hervorgerufen durch politische Eingriffe, zum Beispiel durch Subventionen oder die Verteuerung der menschlichen Arbeitskraft, über das Ziel hinausgeschossen wurde und auch beim Weinbau nach der Maxime Quantität vor Qualität die natürlichen Ressourcen nicht immer mit maximaler Sorgfalt behandelt wurden, ist wahr. Aber eine Abkehr vom Prinzip der Wissenschaftlichkeit, wie dies die Naturweinbewegung implizit fordert, ist deshalb noch lange nicht gerechtfertigt. Wenn sie sich auf Rudolf Steiner beruft, also auf Überlegungen aus den 1920er Jahren, negiert sie nämlich den wissenschaftlichen Fortschritt von über hundert Jahren. Wenn man das gleiche in der Medizin getan hätte, hätte ich meine Midlife-Crisis mit 7 gehabt, weil ich wahrscheinlich an meiner Blinddarmentzündung mit 14 gestorben wäre.
Wein sollte schmecken und nicht dem Glauben dienen
Man könnte nun sagen “Hilft’s nichts, schadet’s nichts” aber stimmt das bei der Naturwein-Ideologie?
Tatsache ist, dass Naturweine normalerweise signifikant teurer sind als vergleichbare konventionelle Produkte. Dies liegt an den Bewirtschaftungsmethoden, die zwar, wenn man beispielsweise mit dem Pferd den Weingarten bearbeitet, herrlich instagrammable, aber eben rückschrittlich sind.
Bringt Naturwein der Natur etwas? Mir ist kein Forschungsergebnis bekannt, das das abschließend belegt. Ich höre nur immer wieder, dass die Weingärten der Naturweinwinzer insbesondere in “Schwammerl”-Jahren recht ungesund ausschauen aber das ist möglicherweise nicht repräsentativ für das Ganze.
Und am wichtigsten: Schmecken Naturweine besser als konventionell produzierte Weine? Da es beim Wein kein objektives Qualitätskriterium gibt, kann ich mich auch hier nur auf meine anekdotische Evidenz berufen: Wenn man in trauter ländlicher Winzer-Profi-Weinverkostungsrunde zusammensitzt ist der Tenor klar, die Naturweine schmecken normalerweise nicht, sie sind oft säuerlich und dünn, wie wenn die Reben zu wenig versorgt worden wären. Ich höre auch immer wieder von unvoreingenommenen aber erfahrenen Restaurant-Besuchern, dass sie in einschlägigen Hipster-Naturweinlokalen zwar herrliches Essen bekommen haben, dass sie aber die ausschließlich zum Angebot stehenden Naturweine wiederholt zurückschicken mussten. Wie gesagt, das ist anekdotische Evidenz: Es gibt großartige Naturweine, genauso wie es großartige, sensibel gemachte konventionell produzierte Weine gibt. Über Geschmack lässt sich nicht streiten, also belassen wir es in diesem Punkt bei einem Unentschieden.
Das Paradies zurückgewinnen: Mit Pragmatik und Offenheit
Zusammengefasst, es gibt keine rationalen Argumente für Naturwein. Er schmeckt nicht unbedingt besser als konventionell produzierter. Er ist oft viel teurer als konventionell produzierter. Es ist nicht nachweisbar, dass seine Produktion wirklich nachhaltiger ist. Was dann? Ja, es ist eben eine Ideologie, die verbindet, man kann damit sehr schön “virtue signalling” betreiben und es ist eine Ersatzreligion, die in unserer säkularisierten, nihilistischen Gesellschaft auf fruchtbaren Boden fällt. Aber bleiben wir bitte bei der Sache und beurteilen wir einen Wein wieder unvoreingenommen danach ob er schmeckt und ob er ein gutes Preis-Genussverhältnis hat, denn auch angesichts der jüngeren Generationen, die sowieso immer weniger trinken und sich aufgrund von Inflation und unsicheren Arbeitsverhältnissen vor wirtschaftlichem Abstieg fürchten, sollte auch wirklich guter Wein leistbar sein und kein Elitenprodukt. Dies kann erreicht werden: Mit sensibler aber faktenbasierter Bewirtschaftung, die die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse nutzt und auf ideologische Scheuklappen verzichtet – in diesem Sinne: Prost ohne Verblendung auf das wiedergewonnene Paradies.