Die WINEPARTY veröffentlich diesen “Brief” eines renommierten Weinhändlers, der auch schreiben kann: ein Schreiben, das uns schon vor 10 Tage erreichte. Wir haben mit dem Autor einige Punkte nachbesprochen und auch den Text gekürzt. Das ist ein Meinungstext, der nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wiedergeben muss.
“Es gibt Diskussionen, die sind so alt wie der Alkohol selbst. Schon während der US-Prohibition wurde gepredigt, dass Wein, Bier und Hochprozentiges der direkte Weg ins Verderben seien. Damals gab es Gangster wie Al Capone, die mit dieser Heuchelei ein Vermögen machten. Heute sind es PR-Strategen, Gesundheitsbehörden und die neue Abstinenzbewegung, die mit Kampagnen gegen Alkohol hausieren gehen – nur eben im weißen Kittel statt im Nadelstreifenanzug.
Wir sprechen hier nicht über echten Alkoholmissbrauch. Niemand bestreitet, dass zu viel Schnaps, zu viel Bier und auch zu viel Wein ungesund sind. Aber die neue Anti-Alkohol-Bewegung – von Dry January über „Schon ein Glas ist gefährlich“ bis hin zur völligen Abstinenzverherrlichung – geht einen Schritt weiter: Sie kriminalisiert bereits den bewussten, maßvollen Genuss.
Dry January – Tugendterror mit Marketingbudget
Jedes Jahr im Januar schlagen sie wieder zu. Dann tauchen überall Beiträge auf, die das alkoholfreie Leben als die neue Erleuchtung preisen. Influencer schwärmen von klarer Haut, besserem Schlaf und unendlicher Energie. Firmen bringen alkoholfreien Gin heraus (also gewürztes Wasser zum Premiumpreis), und Gesundheitsorganisationen mahnen, dass „selbst ein Glas Wein das Krebsrisiko erhöht“.
Wer so argumentiert, will keine Aufklärung, sondern Verbote. Wer ein Glas Wein mit Rauchen auf eine Stufe stellt, ignoriert nicht nur die Geschichte der Menschheit, sondern auch die Realität. Der Mensch hat seit Jahrtausenden Wein getrunken – nicht, um sich zu betrinken, sondern weil Wein ein Kulturprodukt ist, ein soziales Bindemittel, ein Genussmittel mit Tiefgang.
Die neue Abstinenz – zwischen Moralismus und Ideologie
Die aktuelle Bewegung ist nicht zufällig entstanden. Sie passt perfekt in eine Welt, die alles, was nicht gesund, effizient und optimiert ist, als Gefahr sieht. Alkohol ist da nur ein weiterer Punkt auf der Liste. Erst kam das Rauchen dran, dann das Fleischessen, jetzt eben der Wein. In ein paar Jahren wird es dann der Kaffee sein, weil Koffein ja auch nicht ganz unbedenklich ist.
Doch lasst euch nicht kirre machen. Es muss ein Ende haben mit den Belehrungen! Wir sollten das Schöne, das Exklusive und vor allem auch das Inklusive der Weinkultur betonen. Einer Kultur, die auf Gemeinsamkeit und gemeinsames Erleben setzt – ohne Rausch.
Der neue Abstinenzmoralismus basiert auf Angst statt auf Vernunft. Plötzlich ist nicht mehr die Dosis das Problem, sondern die Substanz selbst. Ein Glas Wein? Gefährlich! Ein Glas Milch? Bald auch. Statt Genuss zählt nur noch Selbstkontrolle. Und wer nicht mitmacht, wird als rückständig abgestempelt.
Warum der Angriff auf den Wein Unsinn ist
Ja, exzessiver Alkoholkonsum ist schlecht. Niemand bestreitet das. Aber es gibt einen Unterschied zwischen bewusstem Genuss und hemmungslosem Besäufnis. Wein ist keine Droge – er ist ein Kulturgut. Man trinkt ihn nicht aus Langeweile, sondern weil er Geschichten erzählt, weil er Landschaften spiegelt, weil er verbindet.
Und dann ist da noch die Wissenschaft. Studien zeigen immer wieder, dass maßvoller Weinkonsum – insbesondere von Rotwein – eher positive als negative Effekte hat. Die Mittelmeer-Diät mit Wein ist eine der gesündesten Ernährungsweisen der Welt. Aber genau diese Differenzierung wird in der aktuellen Debatte ignoriert.
Fazit: Kein Grund zur Panik
Letztlich geht es nicht um Gesundheit, sondern um Kontrolle. Die neue Anti-Alkohol-Bewegung will nicht, dass Menschen verantwortungsvoll genießen – sie will, dass sie gar nicht mehr genießen. Aber genau darin liegt das Problem: Ohne Genuss wird das Leben ärmer. Und wer sich nicht ab und zu ein Glas Wein gönnt, der wird auch nicht glücklicher – nur durstiger auf Dinge, die vielleicht noch ungesünder sind.
Also: Lasst euch den Wein nicht madig machen. Trinkt mit Maß, trinkt mit Genuss – und vor allem, trinkt ohne schlechtes Gewissen.”
Prima formuliert, bin auch überzeugt, moderater Weingenuss ist Lebenselixier und Kommunikatinsförderer.
In vino veritas und sanitas.
Wie sagt man(n) so schön …alles richtig gemacht – geschrieben….aber die Generation Z und Alpha ist dem Wein sowieso nicht soooo aufgeschlossen und das waren die Babyboomer in den 1980igern (Weinskandal, revolutionäre Gedanken weg von der Kriegsgeneration) auch, aber der Wein wurde besser (Gaja im Piemont oder Castello Volpaian in der Toskana und Foradori im Trentin und viele mehr ) mit viel Innovation und auch Geld wurde uns die neue Weinkultur beigebracht…Es war Schick ein schönes (Riedel) Glas mit einem “neuen” Wein zu trinken und das auch nicht für ein paar Schilling …und heute Tiktok (Reiswein aus China) und die anderen “Kanäle” haben ganz andere Geschäftsmodelle als Wein auf der Agenda….Wein braucht und muss wieder interessant werden….wie Naturwein ? Ja! Am Anfang habe ich (leider) viel Schrott pro iert…grausames Zeug das an einen Vernatsch aus 1970igern entfernt erinnert…aber dank meine Freundes Tomas (aus Mähren) der eine kleine aber sehr feine Weinbar habe ich mich unter seiner Anleitung durch diese “neuen/alten” Weine “gesoffen” ..jetzt trinke ich fast nur noch diese Weine wie Wachter Wiesler “Handgemacht” oder Lockvogel…und dies wäre ein neuer spannender Zugang für die neue Weintrinker Generation, da diese Weine auch weit weniger Alkohol haben, aber durch Ihre Struktur und Säure mithalten können…Euer Wirt aus den Tannheimer Bergen