Wein und Dublin. Nicht gerade das, was einem vorschwebt wenn man an die grüne Insel denkt. Nach Dublin fliegt man um des Guinness´ willen, um des Irish Stews, der Pubs und anderem – so wie auch dieses Mal. Ankommen, auspacken, ab ins erste Pub. Und in drei weitere, um seinen Rhythmus für die nächsten Tage zu finden.
Von Leo Quarda
Vorhang auf. Erster Akt.
Am zweiten Tag erst mittags in die raue Frischluft aufgebrochen. Kleiner Brunch in einer ausgeräumten Kirche die seither öffentlich als Pub „The Church“ auftritt. Am Abend dann ist Sternenküche angesagt. Im Variety Jones, dem Restaurant der beiden Brüder Keelan und Aaron Higgs in der Thomas Street. Ein kleiner Laden mit gerade mal zehn Tischen und supernettem wie auch kompetentem Staff. 2019 erstmals mit einem Michelin Stern ausgezeichnet und seitdem gehalten.
Und was bekommt man dort zu trinken? Zum Einstand den PetNat “Epic” von Meinklang. Ein herrlich trockener, griffiger und appetitanregender Tropfen. Frisch und mundwässernd, der perfekte Einstieg in die Weinbegleitung. Mit einem Riesling von Bender, dem “I love Mosel”, geht es weiter. Steinobst und feine Kräuter dominieren diesen Riesling, der, neben seiner subtilen Süße, auch mit einer traumhaft herben Note glänzt. Als man im Anschluss kundtut, dass man auch den “Naked” von Heinrich, eine Cuvée aus Weissburgunder, Chardonnay und Welschriesling bestens kennt und diesen Wein für seinen cremigen Schmelz und seiner geradlinigen und präzisen Charakteristik schätzt, ist Jane, die Sommelere, endgültig hin und weg. Mit ausgesprochen interessanten, Weinen geht es weiter bis zum Ende. Erwähnenswert die Weinkarte, die mit kleinen, aber durchaus feinen Weinen punktet. Die teuerste Flasche gibt’s für schlappe 73 Euro. Der Laden ist mehr als zu empfehlen. 6 Gang Menü 90 Euro, die Weinbegleitung 70 Euro, extrem günstig für das, was man hier – wohlgemerkt in einem Sternelokal – geboten kriegt.
Zweiter Akt
Samstag Mittag auf den Weg gemacht um rauszufinden, ob es in Dublin auch echte Weinlokale gibt und in der Grafton Street ins Cellar 22 gefallen. Elegante Hütte mit interessanter Karte und leider nicht so kompetentem Personal. Dafür freundlich, nett und auch sympathisch. Nichts Großes im Glas gehabt. Zum munter werden Sprudel von Bollinger – nun gut, der ist dann schon größer. Der Champagner fein, perfekt temperiert und im Mund ein ausgesprochen frischer wie auch animierender Geselle. Das Glas zwar 24 Euro, dafür aber 0,125 eingeschenkt bekommen. Im Anschluss ein ehrlicher, guter Côte du Rhone von der Domaine de la Janasse aus Chateauneuf. Ein feiner Alltagstropfen wie man ihn sich wünscht. Gepflegte Würze, reife Frucht und ein ausgewogenes Tanninkleid bieten Grip und Tiefe gleichermaßen. Der Bordeaux von Clos du Pontet nicht minder schlecht und fair bepreist für 1/8 Liter Ausschank. Eine Cuvée aus Merlot und Cabernet Franc, kirschig, stoffig und mit zarter Würze am Gaumen ein typischer Vertreter seiner Gattung. Fürs späte Frühstück hat’s gepasst. Kann man empfehlen, für mittags war es wohl zu früh, weil wenig los. Macht am Abend sicher mehr Spass .
Dritter Akt
Am Abend auf Empfehlung von Freunden einen Tisch im Winding Stair reserviert. Coole Location, ein Mittelding aus Weinlokal und Bibliothek, direkt an der Liffey bei der berühmten Ha’Penny Bridge. Supernetter Staff, kompetent und freundlich, Essen Irish local, die Weine klein aber fein. Mit Perlen, die man sonst wohl nirgendwo ausserhalb der Insel auf der Karte hat. Unter anderem Weine aus Irland. Ein Muss hier nachzufragen, ob man denn etwas kosten könne. Nachdem man anmerkt, dass man beruflich über Weine schreibt, macht der Chef persönlich eine Flasche auf und reicht ein Glas mit Erdbeerwein. Skeptisch rieche ich und schrecke entsetzt zurück ob des immensen Zuckerstichs, der meine Nase hoch schiesst. Doch kaum im Mund, totales Staunen. Trocken wie ein Tischtuch, man möchte ihn befeuchten. Keine Spur von Süße. Nur der Geschmack nach getrockneten Erdbeeren. Durchaus spannend und angenehm. Danach gibt es noch eine Extra-Überraschung. Einen Apfelport von Killahora Orchards. Product of Ireland. Geniales Zeug. Schmeckt wie Apfelstrudel ohne Zucker und macht richtig grossen Spass. Als Abschluss blind vom Chef des Hauses etwas “besseres” als Guinness auf den Tisch bekommen und mit einem tollen Stout den Heimweg angetreten.
Abspann
Wer also mal nach Dublin kommt und unbedingt Wein geniessen will, dem sei gesagt, dass es durchaus tolle Lokale mit ansprechenden Weinen, schöne Weinbars, feine Restaurants und tatsächlich mehr als only Pubs & Bars gibt. Ein Besuch in einer der erwähnten Lokale lohnt sich allemal und sorgt für schöne Abwechslung von Fish & Chips und Guinness.