Der Kimawandel stellt dem Weinbau viele Fragen. Eine Frage ist die Wahl der Rebsorten. In Frankreich, so berichtet die renommierte Tageszeitung Le Monde, gibt es in den Cevennen ein paar Winzer, die sich dem französischen Weingesetz widersetzen und verbotene Sorten wieder auspflanzen. Dafür haben sie gute Gründe, wie die Journalistin Agathe Beaudounin berichtet. Die Weinparty zittert ausführlich aus ihrem Bericht.
An einem Spätsommermorgen wehte eine frische Brise über das Land von Gilbert Bischeri. Am Vortag, dem 13. September, hatte es in den höheren Lagen der Cevennen sogar ein wenig geschneit. In dem kleinen Dorf Aujac begutachtet er seine Rebstöcke, ohne sich über den Kälteeinbruch allzu viele Gedanken zu machen. „Den Trauben geht es sehr gut, wir werden sie im Oktober ernten, nicht vorher“, sagte er und kostete die Trauben einer Rebe aus dem Jahr 1870. Seit 30 Jahren bewirtschaftet der Siebzigjährige hier rund 800 Quadratmeter, die er von seiner Familie geerbt hat, und hat dort eine Versuchsfläche angelegt. Er baut Rebsorten an, die alle die gleiche Besonderheit aufweisen: Es ist verboten, ihren vergorenen Saft unter der Bezeichnung „Wein“ zu verkaufen.
Doch einige rebellische Winzer kämpfen für die Wiedereinführung von Hybridsorten.
Sie stammen aus der Kreuzung europäischer und amerikanischer Rebsorten und heißem Clinton, Isabelle, Noah, Othello, Herbemont und Jacquez und es gibt sie nur mehr in der Region Cevennes.
Trotz des Verbots wird der Weinbau in dieser armen Region, in der die Männer früher in den Minen arbeiteten, von Generation zu Generation weitergegeben. „Es handelt sich um Rebstöcke, die von den Bergleuten für den Familienverbrauch an Spalieren angebaut wurden“, erklärt Denis Verdier, Präsident der IGP Vins des Cévennes. „Diese robusten, leicht zu bearbeitenden Pflanzen eigneten sich gut für den Anbau in ländlichen Mittelgebirgsregionen“.
Heute bemühen sich Organisationen wie Fruits Oubliés Réseaux (Netzwerke für vergessene Früchte) unter der Leitung von Bischeri und Mémoire de la Vigne (Gedächtnis der Rebe), gegründet von Hervé Garnier in der Ardèche, um die Bekanntheit dieser Rebsorten zu steigern. Ihre Produkte müssen jedoch stets diskret verkauft werden. Bischeri, der 47 Jahrgänge hergestellt hat und 600 Flaschen pro Jahr produziert, erklärt: „Das sind Jahrgänge, die wir nicht verkaufen können, also verschenken wir sie als Gegenleistung für die Mitgliedschaft in der Organisation, oder wir lassen die Leute sie probieren“.
„Neben dem historischen Aspekt für die Cevennen wollen wir beweisen, dass diese Rebsorten äußerst widerstandsfähig gegen Mehltau, Echten Mehltau, Reblaus und sogar gegen Frost sind“, erklärt Jérôme Villaret, Leiter des Observatoriums. „In Zeiten des Klimawandels sind sie ein interessanter Ansatz, da sie sehr wenig Wasser benötigen. Sie würden es uns auch ermöglichen, uns an neue Konsummuster anzupassen. Mit 5 % einiger dieser Rebsorten in einem Jahrgang kann man die Aromatik des Weins entwickeln und leichtere Weine herstellen“.
Nach Angaben örtlicher Organisatoren bauen heute etwa 30 Winzer diese Rebsorten an.
In Wirklichkeit sind es wahrscheinlich noch mehr. „Es gibt viel Geheimniskrämerei um dieses Thema“, sagt Villaret. Bischeri vertritt die Idee, dass die Rehabilitierung dieser Rebsorten zur Wiederbelebung der Landwirtschaft in den Cevennen beitragen würde. „Unsere Kastanienbäume sind am Absterben. Der Wein könnte eine gute Einkommensergänzung sein, zum Beispiel für einen Schafzüchter“, sagt er.
In der Nähe von Villefort im Lozère ist Jean-Benoît Goulabert einer der Winzer, die von der Einzigartigkeit der Hybridrebsorten überzeugt sind. Der aus der Region stammende Winzer, der im Alter von 38 Jahren nach einer Karriere in der Finanzbranche auf das Land zurückgekehrt ist, wirbt für deren „großen aromatischen Reichtum“. Er macht keinen Hehl daraus: „Die verbotenen Rebsorten sind meine besten Pflanzen“. Auf der Domaine du Chamounet, wo die Winter sehr streng sein können, verwendet der Anhänger natürlicher Weine keine Zusatzstoffe. „Bei diesen hybriden Rebsorten gibt es viel mehr Nährstoffe, Stickstoff und Hefe“, erklärt der Enkel eines Bergarbeiters, der seine verbotenen Cuvées für privilegierte Kunden reserviert. „Ich denke, jeder Winzer sollte ein paar davon pflanzen, denn die Hybriden sind unverzichtbar, um Weine zu retten.