Wein und Politik. Da gibt es kommunizierende Gefäße, die nicht aus Glas sein müssen. Nicht selten in den letzten dreißig Jahren hatten Kauf oder Gründung eines Weinguts politische Gründe. All die Jahrhunderte – ausgenommen die Epoche der Säkularisierung, wo man zum Beispiel auch an der Mosel den Bistümern die Weingärten entzog, um sie zum Staatenwohl an Private zu versteigern – wurden Weingüter lediglich vererbt oder privat fusioniert. Ich will von zwei Weingütern erzählen, die entweder aus konzernpolitischen (in diesem Fall auch anzunehmend staatspolitischen) Gründen oder aus Gründen personenpolitischen Investments gegründet wurden.
Zuerst das personenpolitische Investment, ein Weingut, das ein Mailänder Finanzinvestor gekauft hat, eine Person also, die in Deutschland gerne als „Heuschrecke“ verunglimpft wird; ein Tiervergleich (diese sind immer widerlich), der Finanzinvestoren mit einer Insektenspezies gleichsetzt, die in Schwärmen Felder heimsucht und die Ernte vernichtet. Dieser Investor aber, sein Name ist Domenico Veronese, will ernten, will seine Trauben ernten und verarbeiten. Und er will alles richtig machen – in seinem Weingut Villa Bogdano 1880, das er vor bald zehn Jahren erworben hat. Nach dem Verkosten der Weine muss ich sagen: er macht alles richtig.
Das wichtigst Richtige, das er gemacht hat, ist, dass er sein Weingut gleich radikal auf biodynamischen Weinbau umgestellt hat, ohne dabei narrische Naturweine (oxidative und ohne Hand eines Winzers abgefüllte Weine) zu keltern. Damit sage ich nicht, dass Naturweine automatisch narrisch sind, denn inzwischen bin ich in viele, gut gekelterte Naturweine echt vernarrt. Narrische Naturweine wären auch gar nicht möglich, denn Veronese will ein breiteres Publikum erreichen. Dass biodynamischer Weinbau auch in großer Breite möglich ist, haben die Weinbaugebiete Rhone und Prosecco DOCG bewiesen, wo heute zwischen 80 und 100 Prozent der Weingüter biodynamisch betrieben werden.
Ich sprach auf Villa Bogdano 1880 (die Zahl steht für das Datum der ersten hier gepflanzten Reben) mit Raffaele Foglia, dem Verkaufs- und Kommunikationsmanager, der eigentlich auch Kellermeister sein könnte, denn er weiß alles, was man braucht, gute Weine zu keltern. Foglia hat diese Entschlossenheit, das Biodynamische im Weinbau hervorzuheben, die es braucht, um diese weltpolitische Weinbaurevolution alsbald über die 50%-Marke zu heben, denn es ist abzusehen, dass in Bälde fast die Hälfte aller Weingüter der Welt entweder „organic“ (also biologisch) oder sogar biodynamisch arbeiten werden. Da hinkt die restliche Landwirtschaft aus mehr oder minder verständlichen Gründen hinterher.
Ich trank den einfachen und vorzüglichen Tocai Friulano Lison Classico DOCG (derzeit, auf 11 Euro reduziert, in allen deutschen Mövenpick-Filialen), der mir zwei Stories erzähle. Erstens, dass man aus der einfachen und unterschätzten Rebsorte Welschriesling – so heißt der Tocai-Friulao in Österreich, das einst und ungerecht über die italienischen Regionen Veneto und Venezia-Julia herrschte – auch im simplen aber gekonnten Kelterverfahren ganz schön gewichtige und genüssliche Weißweine gewinnen kann. Und zweitens, dass diese Sorte in Deutschland, vor allem in Rheinhessen, den Müller-Thurgau gefälligst ersetzen sollte – denn Welschriesling kann viel mehr als die Massenweintraube Müller-Thurgau Welschriesling ist vor allem auch viel besser burgundisch auszubauen.
Und was Villa Bogdano aus der in Veneto und im Friaul autochthonen Rotweinsorte Refosco Großartiges macht, sollte in Jahren der Klimaerwärmung auch Winzer oberhalb der Alpen überzeugen, die Sorte gefälligst bald zu importieren. Denn eines zeigt uns die Klimalage an: autochthon ist gut, aber ein Ding des Gestern – Sorten sollten mehr noch auch auf Wanderschaft gehen, auch wenn der weinpolitische Korrektsheitparagraph derzeit noch anderes diktiert.